Original Tapete.

warum tapezieren wir Wände?

 

Anna Viebrock. Spaziergänge. Berlin Grünau 1997/98

 

Tapeten schmücken Wände. Tapeten sind meist gemustert. Tapeten sind mit einer Vorstellung vom Wohnen verbunden.

Viele gegenwärtige Gestaltungstrends, wie das große Interesse an Heimwerken, Inneneinrichtungskonzepten, die mit dem Begriff Cocooning beschrieben werden, und der Versuch - entgegen ihrer befürchteten Medialisierung - Architektur wieder mit schwerem Material am Ort zu begründen, zeigen den Vormarsch der Lebensraumbastler.

Wir suchen wieder das Glück in den eigenen vier Wänden.

Und wenn wir die Wohnung als vertrauten Hintergrund, als Einbettungsapparatur und Gewohntes brauchen, um Ungewohntes oder die Botschaft der Götter wahrzunehmen - was dann überzeugender ist, wenn man die Außenwelt als feindlich annimmt -, dann werden wir versuchen müssen, die Gewöhnungskontexte selbst zu gestalten.

Die Tapete hilft uns dabei.

Die Idee der Tapete hat mit dem Bild zu tun. Dem Bild an der Wand, aber nicht mit dem Tafelbild, sondern eher mit dem Fresco.
In unendlicher rahmenloser Länge aufgerollt, nass geklebtes Papier, das an der Wand erstarrt und sich mit ihr verbindet. Die Tapete gibt der Wand ein Bild, das aber meist nicht als Vorstellungsraum oder Illusionsraum funktioniert, sondern der Funktion des Raumes näher bleiben will, der eher durch seine Abwesenheit der Phantasie und dem Alltag eine Bühne bieten kann. Die Tapete hält sich zurück. Ihr Geheimnis ist das Muster. Und im Muster, im Motivrapport, kann in der Wiederholung das Gewohnte erscheinen.

Und die Entscheidung des Wohnenden, den Raum mit der Tapete seiner Wahl zu bekleiden, zeigt auf der anderen Seite den persönlichen Geschmack und Gestaltungswillen. In dem Maße, wie die Wohnung als Rauminstallation verstanden werden kann, erläutert sie auch das Leben als plastische Aufgabe. Wenn die Wohnung außerdem - vom Selbstdesign geprägt – als ein Ort der Ausstellung funktioniert, dessen Besucher durch persönliche Einladungen zur Besichtigung zugelassen sind, dann erfüllt sich der Traum des Heimgestalters.

Wiederholungen allerdings für nie gesichert zu halten und den Einladungen des Heimgestalters zu misstrauen, ist der Anfang der künstlerischen Produktion.

Der Musterraport der folgenden Tapete resultiert aus zwei "übereinandergelegten" Filmen von Andrew Blake (High Heels / Captured Beauty). Ausgewählte Keyframes bilden ein Muster, das nur bei genauer Betrachtung seinen Ursprung preisgibt. Der Film wird als "Original-Muster" gezeigt.

 

 

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